Das Riegelhaus,

ein „Drei­sässen­haus“

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Ein triftiger Grund für die weitum verbreitete Armut, auch unter der hart arbeitenden Bauernsame bis weit ins 20. Jahrhundert, lag im relativ geringen Anteil an landwirtschaftlich nutzbarem Land im Verhältnis zu dem produzierenden Betrieben. Auch wenn die Einwohnerzahl über Jahrhunderte nie mehr als 250 Personen ausmachte, so reichte der nutzbare Boden gerade aus, um die kleine Gemeinde über Wasser zu halten. Zur Hauptsache waren es Erbteilungen, die zu dieser Entwicklung führten: „Kleine Güter mussten selbst dann, wenn ein grosser Teil der Erben auszog, so weit aufgeteilt werden, dass sie kaum mehr eine Existenzgrundlage boten. Dies hatte wiederum zur Folge, dass sie oft überschuldet wurden.“

Dabei waren die verschiedenen Güter durchaus sehr unterschiedlich verteilt. Im Jahre 1637 beispielsweise gehörten sechs Haushaltungen zur bäuerlichen Oberschicht, die vom landwirtschaftlichen Ertrag gut leben und sich demensprechend Knechte und Mägde leisten konnten. Fünf Haushaltungen scheinen zur Mittelschicht gehört zu haben, die mit ihren landwirtschaftlichen Erzeugnissen gerade noch so durchkamen, während 16 der 27 Haushaltungen, also 60 Prozent, als arm zu bezeichnen sind. Solche Haushalte waren auf einen Nebenerwerb angewiesen, damit die Existenz einigermassen gesichert war. Nicht selten zogen die Söhne als Söldner in den Krieg; die jungen Frauen indessen arbeiteten als Magd in fremden Diensten. In vielen Haushaltungen wurde etwas Weberei oder Spinnerei betrieben, um sich ein Geringes dazuzuverdienen. Einige betätigten sich auch als Schuhmacher oder Schneider. Solche heimindustriellen Nebenerwerbe entwickelten sich nach und nach vielfach zum Haupterwerb.


Riegelhaus mit bedeutendem Erbe

Das Riegelhaus wurde 1932 durch Albert Landis (1901-1985) und dessen Ehefrau Lina Emma geb. Nöthiger (1990-1993) von der Familie Johannes Peter aus Bonstetten erworben, die dieses seit 1898 besessen hatte. Mit dem Kauf trat man ein historisch bedeutsames Erbe an, hatte doch der gebürtige Wettswiler Industrielle und spätere Gönner Jaques (Johann Jakob) Bühler (1845-1926) in diesem Haus seine frühen Kindheitsjahre verbracht, bevor die Familie nach Kilchberg zog.


Fuhrwerke für Hochzeiten, Beerdigungen, Kehrricht

Die Familie Landis betrieb ein kleines Bauerngut mit 12 Milchkühen. Im Haupterwerb war der Vater Landis Fuhrhalter: Ob für Hochzeiten, Heufuhren, Kehrrichtabfuhr, die strenge Schneeräumung oder Beerdigungen: Sprichwörtlich „von der Wiege bis zur Bahre“ stand die Fuhrhalterei Landis für die Wettswiler bereit – und dies während 42 Jahren; ganz zum Schluss allerdings mit dem Traktor. Es kam vor, dass Hochzeitsfahrten bis um den Zugersee geführt wurden. Heufuhren mussten noch kurz vor heftigen Gewittern die „Sprengi“ hinaufgetrieben werden. Und nicht selten mussten die sterblichen Ueberreste verstorbener Wettswiler in einem Zürcher Spital abgeholt werden, pünktlich zum letzten Geleit, diesmal die „Sprengi“ hinunter zum alten Friedhof, begleitet vom Dorfglöcklein.

Beim Erwerb des Hauses durch die Familie Landis war dieses ganz verputzt, denn sichtbare Balken hatten im 19. Jahrhundert lange Zeit als unschicklich und armengenössig gegolten; die Riegelbalken sind erst später hervorgeholt worden. Zwei Sprüche liess Vater Landis an den Balken anbringen: „Tue recht und scheue niemand“ an der westlichen und „Allen Leuten recht getan ist ein Kunst, die niemand kann“ an der südlichen Fassade. Ab und zu, wenn einer der Kunden es pressant hatte und vordrängeln wollte, brauchte Vater Landis nur auf die Sprüche zu deuten, und die Sache war klar.


Standort

Schautafel 5, Riegelhaus Dreisässenhaus , Stationsstrasse 1

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